Extreme, kurzzeitige Drehschwindelanfälle, die bei bestimmten (Kopf)bewegungen auftreten sind oft sehr unangenehm aber nicht besorgniserregend. Ursache kann der gutartige Lagerungsschwindel (benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel, kurz BPLS) sein. Bestimmte Lagerungsmanöver können ihn beheben oder die Anfälle vergehen meist nach Wochen von selbst.
Der Lagerungsschwindel lässt sich leicht feststellen und behandeln. Betroffene haben plötzlich das Gefühl, dass sich alles dreht. Häufig sind bestimmte Bewegungen die Ursache:
- Wenn man den Kopf dreht, neigt oder in den Nacken legt
- Wenn man sich hinlegt
- Wenn man sich im Liegen umdreht
- Wenn man sich aus dem Liegen aufsetzt
- Wenn man sich bückt
Normalerweise hält der Schwindel für einige Sekunden bis maximal fünf Minuten an. Zusätzlich kann einem dabei auch übel sein.
Losgelöste Steinchen im Gleichgewichtsorgan
Ursache für den Lagerungsschwindel ist eine Störung des Gleichgewichtsorgans im Innenohr. Es kommt wahrscheinlich zu losen Ablagerungen von winzigsten Steinchen in den Bogengängen des Innenohrs. Dieses mit Flüssigkeit gefüllte Gangsystem ist ein Teil des Gleichgewichtsorgans. Normalerweise sind die Steinchen in einer Membran eingebettet, lösen sie sich aber daraus, treiben sie in der Flüssigkeit der Bogengänge.
Bewegt sich der Kopf rieseln die Steinchen durch den Bogengang, was die Sinneszellen im entsprechenden Bogengang reizt. Auch wenn die Kopfbewegung schon beendet ist, bewegen sich die Kristalle noch kurze Zeit weiter, was zu falschen Sinnesmeldungen ans Gehirn führt. Die Aufgabe der Sinneshärchen in den Bogengängen ist es, zu erspüren, ob und in welche Richtung der Kopf sich bewegt. Geben diese Zellen eine falsche Information weiter, passt diese nicht zu den anderen Sinneswahrnehmungen, die etwa die Augen liefern. Die widersprüchlichen Informationen lösen dann das Schwindelgefühl aus.
Meist ist die Ursache nicht bekannt, warum sich die Kristalle lösen. Manchmal kann ein Schleudertrauma oder Schädel-Hirn-Trauma der Grund sein, Entzündungen des Innenohrs, Durchblutungsstörungen im Innenohr, Virusinfekte sowie Operationen im Ohr oder der Kieferhöhle können ebenfalls seltene Ursachen sein.
Häufigste Form des Schwindels
Schwindel kann eine Vielzahl von Ursachen haben, der BPLS ist die häufigste Form. Zwei von 100 Personen sind im Lauf des Lebens betroffen; Gipfel des Auftretens ist zwischen dem 40. und 70. Lebensjahr, Frauen sind doppelt so oft betroffen. Bei alten Menschen kann so eine Attacke die Sturzgefahr erhöhen.
Die Schwindelanfälle können immer wieder auftreten, mit der Zeit setzen sich oftmals die Kristalle wieder im Bogengang fest und werden vom Körper abgebaut, wodurch die Schwindelanfälle von alleine verschwinden. Etwa die Hälfte der Betroffenen ist innerhalb von ein bis drei Monaten wieder beschwerdefrei. BPLS muss also nicht immer behandelt werden, wer unter den Schwindelattacken arg leidet, dem kann aber meist einfach geholfen werden.
Zuallererst muss der BPLS eindeutig diagnostiziert und andere Ursachen für den Schwindel wie etwa Störungen des Blutdrucks, Erkrankungen der Augen, Schädigungen des Hirnstammes oder Kleinhirns oder unerwünschte Medikamentenwirkung, ausgeschlossen sein.
Mittels Anamnese und Lagerungsproben kann die Hausärztin oder der Hausarzt sowie eine Fachärztin oder ein Facharzt für HNO den Lagerungsschwindel leicht erkennen. Dabei führt die Patientin oder der Patient mit Hilfe des Arztes bestimmte Bewegungen des Kopfes und Rumpfes durch. Wird dadurch der Schwindel ausgelöst, kann auch festgestellt werden, in welchem der drei Bogengänge die Kristalle „herumschwimmen“.
Die Ärztin oder der Arzt achten während der Lagerungsprobe auch auf die Augenbewegungen, denn beim BPLS treten typische ruckartige Augenbewegungen (Nystagmus) auf. Mithilfe einer Spezialbrille (Frenzelbrille), die die Betroffenen während der Lagerungsproben tragen, lassen sich die Augenbewegungen sehr gut beurteilen.
Manchmal bewegen sich durch diese Lagerungsproben alleine schon die Kristalle aus dem Bogengang heraus und der Schwindel ist behoben. Ist dies nicht der Fall werden die Kristalle mithilfe von Lagerungsmanövern aus dem Bogengang befördert. Sie funktionieren nach dem gleichen Prinzip wie die Lagerungsproben zur Diagnose. Eine bestimmte Abfolge von Bewegungen des Kopfes und Rumpfes wird mit Unterstützung der Ärztin oder des Arztes durchgeführt. Manchmal reicht eine „Sitzung“, manchmal braucht es einige Wiederholungen.
Die Hausärztin/der Hausarzt können auch Lagerungsübungen empfehlen, die Betroffene zu Hause alleine durchführen können.
In seltenen und besonders starken Fällen können vorübergehend Medikamente gegen den Schwindel bzw. gegen die Übelkeit verordnet werden.
Ob mit oder ohne Behandlung – bei etwa einem Drittel der Betroffenen, kann der gutartige Lagerungsschwindel innerhalb von fünf Jahren wiederkehren.